Bewertungskriterien für den Gerecht Mobil Wettbewerb
Kriterium 1: Das Projekt bzw. die Aktivität greift genderbezogene Ungleichheiten oder Diskriminierungen im Mobilitätsbereich auf und arbeitet gendersensibel [i]
Das Projekt bzw. die Aktivität …
- vergrößert die soziale, politische oder gesellschaftliche Teilhabe von cis und trans Frauen, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen im Mobilitätsbereich[ii] (z.B. durch einen geschlechterparitätischen Ansatz oder indem die Vernetzung dieser Gruppen in Entscheidungspositionen gestärkt werden)
- hat cis und trans Frauen, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen als Zielgruppe
- trägt zu einer fairen Aufteilung und Gestaltung des öffentlichen Raums bei und beachtet dabei genderspezifische Bedürfnisse und Ansprüche
- hat zum Ziel, den Nutzen von Mobilitätangeboten unter Einbezug genderspezifischer Bedürfnisse und Ansprüche zu verbessern ohne dabei den Anteil nicht-bezahlter Arbeit für Personen, die Sorgearbeit leisten, zu erhöhen (z.B. eine dichtere Taktung des ÖPNVs außerhalb der Stoßzeiten von Erwerbstätigen, die Anpassung von Sharingdiensten für Leistende von Sorgearbeit, faire Ticketpreis für diverse Wegeketten etc.)
- macht die spezifischen Mobilitätsmerkmale von cis und trans Frauen, intergeschlechtlichen und nicht-binäre Personen sichtbar (z.B. in Bezug auf Erwerbs- und Sorgearbeit, Sicherheit, Teilhabe und Repräsentation in Planungs- und Entscheidungsprozessen) und berücksichtigt die sich daraus ergebenden Anforderungen in der Projektplanung und -umsetzung.
- verbessert das persönliche Sicherheitsgefühl (subjektive Sicherheit) in Verkehrsmitteln und auf Verkehrswegen sowie im öffentlichen Raum (z.B. ausreichend beleuchtete Wege oder Haltestellen)
- setzt sich für verbesserte Infrastruktur oder Mobilitätsangebote ein, die sich an Sorgearbeit orientieren (z.B. koordiniert die Öffnungszeiten von Kitas, Schulen, Behörden mit dem ÖPNV, spezifische Angebote für Freizeitverkehr von Jugendlichen im ländlichen Raum, funktionierende Infrastruktur, wie Aufzüge, Platz für Kinderwägen, Rollstühle etc.)
Kriterium 2: Das Projekt bzw. die Aktivität hat transformatives Potenzial hin zu einer nachhaltigen Mobilität[iii]
Das Projekt bzw. die Aktivität …
- betrachtet Nutzer*innen (und deren Bedarfe) intersektional (d.h. achtet auf Mehrfachdiskriminierung oder sich überschneidenden Diskriminierungen, etwa sexistische, rassistische, klassistische Diskriminierung) und denkt diese in der Umsetzung mit, um den Nutzungsfähigkeiten und Zugänglichkeit zu Mobilität zu verbessern (z. B., aber nicht ausschließlich, indem es Mehrsprachigkeit berücksichtigt, Sicherheitsaspekte besonders von mehrfachdiskriminierten Gruppen berücksichtigt, Datenlücken aufzeigt oder behandelt, eine barrierefreie Kommunikation anstrebt, Einkommensunterschiede berücksichtigt)
- verfolgt einen partizipativen, geschlechterparitätischen Ansatz
- bezieht lokale Bedarfe ein oder leistet gruppenspezifische Betroffenenbeteiligung in den mobilitätsbezogenen Planungs- und Entscheidungsprozessen
- trägt zur Barrierefreiheit bei (dazu zählt auch barrierefreie Sprache und Kommunikation)
- zielt auf eine strukturelle Veränderung im Mobilitätsbereich (Institutionen, gesellschaftliche Machtverhältnisse.)
- trägt zur Wiederbelebung des Straßenraums sowie des öffentlichen Raums in seiner Aufenthalts- und Sozialfunktion bei
Kriterium 3: Das Projekt bzw. die Aktivität adressiert Umwelt- und Klimaschutz
Das Projekt bzw. die Aktivität …
- leistet durch seine Ziele, Handlungen und Umsetzung einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz sowie zur ökologischen Nachhaltigkeit
- trägt unmittelbar oder mittelbar zu weniger Flächenversiegelung bei
- trägt zur Reduktion von THG oder Luftschadstoffen bei
- trägt zur Reduktion von Lärmemissionen bei
- berücksichtigt globale und lokale Klimagerechtigkeit
Bonuspunkt (zählt nicht zu Gesamtpunkten):
Das Projekt bzw. die Aktivität gibt Antworten, Reaktionen oder Anpassungen an die Covid-19 Pandemiesituation
Begriffe und Definitionen
[i] Begriff Gendergerechtigkeit
Gendergerechtigkeit im Zusammenhang mit Mobilität strebt eine soziale, ökologische und inklusiven Mobilität an. Im Vordergrund steht der gleichberechtigte Zugang von cis und trans Frauen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen zu Mobilität und die Möglichkeit zur Teilhabe für alle.
Gendergerechte Mobilität bedeutet zum Beispiel faire Ticketpreise für diverse Wegeketten, barrierefreie Kommunikation im ÖPNV, das Achten auf besondere Sicherheitsbedürfnisse, die ergonomische Gestaltung von Sitzplätzen oder die Ausrichtung der Mobilitätsangebote an Personen, die Sorgearbeit übernehmen.
Bei der Verwendung des Begriffs Gendergerechtigkeit beziehen wir uns auf Ungleichheiten aufgrund des biologischen Geschlechtes („sex“) und des sozialen Geschlechtes: Letzteres ist das Ergebnis einer Reihe gesellschaftlicher Zuschreibungen und Erwartungen, die durch gesellschaftliche Rollenvorstellungen und Normen vermittelt werden.
Der Begriff Gender als Ausgangspunkt spricht die vielfältigen, ggf. geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Lebenslagen von Personen an und bezieht sich außerdem auf weitere damit verschränkte Diskriminierungsformen wie z.B. rassistische oder klassistische Diskriminierung (Stichwort Intersektionalität). Denn eine sozial gerechte Mobilitätswende muss alle gesellschaftlichen Gruppen und Diskriminierungsebenen mitdenken.
[ii] Cis
Cis bezeichnet Personen, die sich mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, identifizieren und dieses Geschlecht auch ausleben.
Trans
Trans bezeichnet Personen, deren gelebtes Geschlecht bzw. Geschlechtsidentität nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt.
Intergeschlechtliche Personen
Der Begriff bezeichnet für unterschiedliche körperliche Geschlechtsausprägungen, die sich einer eindeutigen medizinischen Kategorisierung als „männlich“ oder „weiblich“ entziehen. Intergeschlechtliche Menschen oder Inter* haben folglich Körper, die sich hinsichtlich ihrer chromosalen, hormonalen oder anatomischen Merkmale nicht eindeutig in eine der beiden anerkannten Geschlechtskategorien „männlich“ und „weiblich“ einordnen lassen
Nicht-binäre Personen
Nicht-binäre Personen sind Menschen, die sich nicht anhand der Kategorien Mann oder Frau identifizieren, sondern außerhalb eines zweigeschlechtlichen Systems.
[iii] Transformatives Potenzial bezieht sich darauf: a) wie innovativ und tiefgreifend die entwickelten Ansätze und Praktiken im Projekt bzw. in der Aktivität sind, b) ob sie in ihrem Ansatz Nachhaltigkeit integrieren und in globaler Verantwortung denken sowie c) ob sie Wandel anstoßen bzw. schon bewirkt haben – entweder durch das Anstoßen gesellschaftlicher Debatten und Lernprozesse oder in dem sie Strukturen zur Änderung von Praktiken schaffen (die Definition richtet sich nach den Leitlinien des UBA, vgl. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/transformative-umweltpolitik-nachhaltige)