Wir haben als Teil der Women & Gender Constituency, einer Beobachtergruppe der UNFCCC Verhandlungen, an der COP26 teilgenommen. Obwohl unser Schwerpunkt in dem Kontext ein anderer war, haben wir uns umgeschaut, ob und wie das Thema Mobilität präsent war.
Jeder Tag der Klimakonferenz hatte, unabhängig von den Inhalten der Verhandlungen, einen eigenen inhaltlichen Schwerpunkt. Am Transport Day sollte die Bedeutung von Mobilität und Verkehr hervorgehoben werden. Auf der Agenda des Transport Days stand jedoch vor allem das Auto.
Statt über ÖPNV, Fuß- und Fahrradverkehr zu sprechen dominierte das Thema E-Autos, die „Zero Emission Vehicles“ und damit das Narrativ der Antriebswende. Am Ende des Transport Days wurde die „Glasgow Declaration on Accelerating the Transition to 100% Zero Emission Cars and Vans“ angekündigt
In dieser rechtlich nicht bindenden Erklärung kündigen 24 Staaten, 6 Autohersteller sowie einige Städte und Investor*innen an, bis 2040 aus dem Verbrennermotor auszusteigen. Nicht unterzeichnet haben u.a. Deutschland, USA und China.
Auf andere Aspekte der Verkehrswende wird lediglich im letzten Satz eingegangen:
We recognise that alongside the shift to zero emission vehicles, a sustainable future for road transport will require wider system transformation, including support for active travel, public and shared transport, as well as addressing the full value chain impacts from vehicle production, use and disposal.
Der Fokus der offiziellen COP Veranstaltungen (sog. side events) zum Thema Mobilität sowie der ausgestellten Projekte, die es rings um die Verhandlungsräume zu sehen gab, lag eindeutig auf elektrische bzw. wasserstoffbasierte Antriebe als vermeintliche Lösung für den Mobilittssektor. In der Blue Zone, wo die Verhandlungen stattfinden, war beispielsweise in prominenter Lage ein elektrisches Rennauto ausgestellt.
Eine Ausnahme stellte beispielsweise die Veranstaltung vom International Transport Forum „The role of gender equality in decarbonising transport“ dar.
Wesentlich anders sah die Beschäftigung mit Mobilität außerhalb des offiziellen COP Kontextes aus. Beim People’s Summit wurde in zahlreichen Veranstaltungen über nachhaltige Mobilität für alle, Systemtransformation und Just Transition im Verkehrssektor gesprochen.
Eine Demo von Get Glasgow Moving und weiteren Gruppen forderte besseren und bezahlbaren ÖPNV für die Stadt Glasgow und kritisierte, dass Fahrradverkehr und ÖPNV auf der Agenda des Transport Days keinen Platz fanden.
Beim Thema Mobilität waren die Unterschiede zwischen innerhalb und außerhalb der Konferenz also ziemlich deutlich – nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Praxis.
COP-Delegierte bekamen für die Dauer der Konferenz einen kostenlosen Reisepass für alle Transportmittel in Glasgow. Die Bevölkerung von Glasgow sieht sich hingegegen in ihrem Alltag mit einer mangelhaften öffentlichen Verkehrsversorgung konfrontiert. Da Busse privatisiert sind, gibt es unterschiedliche private Busbetriebe, die alle unterschiedliche Tickets verlangen. Ein integriertes, gar kostenloses Mobilitätsangebot für Bus und Bahn, wie es für die Delegierten ermöglicht wurde, gibt es nicht. Die Preise für den ÖPNV sind sehr hoch, sogar höher als in London. Außerdem ist die Fahrradstruktur in Glasgow kaum ausgebaut.
Auch auf internationaler Ebene mangelt es also im Mobilitätssektor an ambitioniertem Handeln für eine echte Transformation. Doch Glasgow hat uns auch gezeigt: Die Zivilgesellschaft und soziale Bewegungen weltweit entwickeln Lösungen und kämpfen für eine sozial-ökologische Mobilitätswende.